Das Ertragswertverfahren ist eine häufig genutzte Methode zur Immobilienbewertung, die besonders für vermietete Wohn- und Gewerbeimmobilien relevant ist. Im Gegensatz zum Vergleichswertverfahren, das sich an realisierten Kaufpreisen orientiert, oder zum Sachwertverfahren, das die Herstellungskosten einer Immobilie zugrunde legt, wird beim Ertragswertverfahren der Wert der Immobilie anhand der erzielbaren Mieteinnahmen berechnet. Es spielt eine zentrale Rolle für Investoren und Kapitalanleger, die den potenziellen Ertrag einer Immobilie bewerten möchten.
Anwendungsfälle für das Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren wird vor allem bei vermieteten Wohn- und Gewerbeimmobilien angewendet, weil es deren Wert anhand der zukünftigen Mieterträge bestimmt. Es ist besonders nützlich für:
- Mehrfamilienhäuser mit mehreren Mietparteien
- Gewerbeimmobilien, bei denen langfristige Mietverträge eine große Rolle spielen
- Eigentumswohnungen, die als Kapitalanlage vermietet werden
- Mischobjekte, bei denen Wohn- und Gewerbeeinheiten kombiniert sind
Das Verfahren eignet sich weniger für selbstgenutzte Immobilien, weil dort keine Mietrendite als Bewertungsgrundlage dient.
Berechnung des Ertragswerts
- Bestimmung der Jahresnettomiete: Die aktuelle oder marktübliche Nettomiete wird berechnet (ohne Betriebskosten).
- Abzug der Bewirtschaftungskosten: Dazu gehören Verwaltungskosten, Instandhaltung, Mietausfallrisiken und sonstige Kosten, die der Eigentümer trägt.
- Berechnung des Reinertrags: Die Jahresnettomiete abzüglich der Bewirtschaftungskosten ergibt den Reinertrag der Immobilie.
- Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes: Dieser Zinssatz wird von Gutachterausschüssen veröffentlicht und gibt an, welche Rendite für vergleichbare Immobilien am Markt üblich ist.
- Ermittlung des Ertragswerts: Der Reinertrag wird mit einem Kapitalisierungsfaktor (Ertragsdauer) multipliziert, um den Wert der Immobilie zu berechnen.
Als Formel des Ertragswertverfahrens gilt: Ertragswert = Reinertrag ÷ Liegenschaftszinssatz. Zusätzliche Berechnung für den Bodenwert: Neben dem Gebäudewert wird der Bodenwert separat anhand des Bodenrichtwerts bestimmt und zum Ertragswert addiert.
Vorteile des Ertragswertverfahrens
- Geeignet für Investoren: Kapitalanleger können Immobilien unabhängig von Emotionen bewerten, weil das Verfahren auf Renditeberechnungen basiert.
- Objektive Wertermittlung: Der Wert wird auf Grundlage langfristiger Mieterträge berechnet, wodurch Marktschwankungen ausgeglichen werden.
- Anwendbar auf unterschiedliche Objekttypen: Vom Mehrfamilienhaus bis zur Büroimmobilie – überall dort, wo Mietrenditen entscheidend sind, ist das Verfahren hilfreich.
- Fundierte Kauf- und Verkaufsentscheidungen: Das Verfahren hilft, den Kaufpreis einer Immobilie im Verhältnis zur erwarteten Rendite besser einzuschätzen.
Nachteile des Ertragswertverfahrens
- Abhängigkeit von Mietpreisen: Sinkt die Nachfrage nach Mietwohnungen oder Gewerbeflächen, kann der Wert einer Immobilie erheblich fallen.
- Komplexe Berechnung: Im Vergleich zum Vergleichswertverfahren ist das Ertragswertverfahren komplizierter und erfordert genaue Daten zu Mieten, Kosten und Marktzinsen.
- Unsicherheiten durch variable Faktoren: Leerstandsrisiken, Mietausfälle oder steigende Betriebskosten können das tatsächliche Ergebnis beeinflussen.
- Nicht für selbstgenutzte Immobilien geeignet: Für Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen zur Selbstnutzung ist dieses Verfahren ungeeignet, weil hier keine Mieteinnahmen erzielt werden.